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Power-Naked-Bikes im Vergleichstest

Unverkleidet, Leistung im Überfluss und Macho-Design. Mit solchen Attributen greift die Suzuki GSX-S 1000 im Power-Naked-Sektor an. Wird die Luft für die KTM 1290 Super Duke R und die BMW S 1000 R dünn?


Aus aktuellem Anlass, dem Aufschlag der neuen Suzuki GSX-S 1000, hat motorradonline.de die besten Naked Bikes, die KTM 1290 Super Duke R und die BMW S 1000 R, zu einem elementaren Wettstreit herbeizitiert. Ein Kampf um die Obertester-Mütze entbrennt. 


Die ist schließlich mein, und sonnige 20 Grad wärmen den Asphalt, Blüten vom Kirschbaum bis zum Rapsfeld verwandeln die Natur in ein Farbenmeer und weisen uns den Weg hinaus auf die sich endlos windenden Landstraßen – die perfekte Spielwiese für Power Nakeds wie die KTM 1290 Super Duke R, Suzuki GSX-S 1000 und BMW S 1000 RKurven räubern, schnelle wie langsame Ecken auskosten, Beschleunigungs-Arien in der Klangkulisse der Gruppe zelebrieren. Man hört dem Sound unserer Bikes tatsächlich an, wie welches gefahren werden will – aber dazu gleich mehr. Die Truppe räubert eng zusammen, um gleiche Bedingungen für den Test zu gewährleisten. Schnell stellt sich Glückseligkeit ein. Genau das macht solche Bikes aus. Gebaut, um zu verzaubern, den Alltag vergessen zu lassen und auf höchstem technischem Niveau fernab jeglicher Rennstrecke mit dem kurvigen Straßenverlauf vor unseren Haustüren zu verschmelzen.


Die Herausforderin heißt ­Suzuki GSX-S 1000

Die Suzuki GSX-S 1000 setzt - wie die BMW S 1000 R - einen Vierzylinder-Reihenmotor ein. Ein alter Bekannter aus dem Superbike-Triebwerk der Epoche K5 bis K8.

Okay, alle drei Bikes haben mehr ­Power, als je für die Landstraße nötig wäre. Die Suzuki GSX-S 1000 sogar gemessene 12 PS mehr, als ihr die Papiere bescheinigen. 157 Pferdchen stampfen zum Galopp, übrig gelassen vom langhubigen Superbike-Triebwerk der Epoche K5 bis K8. Auf zu viel Elektronik verzich­tete Suzuki. Ride-by-Wire etwa bleibt hier noch Zukunftswunsch. Die harte Gasannahme der Suzi hat damit aber nichts zu tun, denn sowohl für das eine wie das andere System gibt es Beispiele, dass es mal gut oder eher schlecht funktioniert.

Bei der Suzuki GSX-S 1000 dürfte der Vierling jedenfalls weicher anreißen. Mit geänderten Nockenwellen – im Prinzip bekam der K5-Motor die Nockenwellen der K8 – erreichten die ­Ingenieure jedenfalls gegenüber dem Ur-Motor eine deutlich bessere Zylinderfüllung und einen ruhigeren Motorlauf.

Die blaue Japanerin tritt gegen die deutschsprachige Konkurrenz an.

Dadurch unterboten sie nicht nur die strengere Abgasnorm von 2007, sondern erhöhten eben auch den Antritt im Drehzahlkeller – im Vergleich zur GSX-R K8, nicht jedoch zur K5. Und leider bis auf die letzten zwei Gänge auch nicht im Vergleich zu den beiden europäischen Kombattantinnen in diesem Test. Und noch etwas sollte Suzuki noch in Angriff nehmen: Nach der 4500/min-Marke fällt die Suzuki GSX-S 1000 in ein zu großes Leistungsloch, das man beim Fahren deutlich spürt und das bis zirka 6500/min reicht. Gerade auf der Landstraße ist das aber der verträglichste Drehzahlbereich.

Schießt man sich als Fahrer auf diese Eigenheit ein und rechnet sich dem supersportlergeprägten Naturell zu, kann man damit umgehen. Die GSX-S-Devise muss also lauten: drehen, drehen, drehen – und das mag die Suzuki GSX-S 1000! Am besten hält der Pilot die Drehzahl jenseits der 7000/min. Dann untermalt – markant aus der Airbox fauchend – die sonst eher leise Suzuki den gierigen Vorwärtsdrang eindrücklich. So bei den Hörnern gepackt, übertönt sie die sonst eigentlich immer kreischende BMW – ganz im Stil der „alten“ GSX-R. Deren Fans werden das lieben.

 Vorstellung Suzuki GSX-S 1000

 Suzuki GSX-S 1000 im Fahrbericht

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Keine unangenehmen Vibrationen auf der KTM 1290 Super Duke R

Der riesige 75-Grad-V2 der KTM 1290 Super Duke R besticht mit 127 kW (173 PS) bei 8870/min.

Mit den beiden mächtigen Zylindern und 1301 cm³ Hubraum hat sie per Konstruktion das vermeintlich ruppigere Triebwerk. Die KTM-Ingenieure erzogen den mächtigen Big Twin aber so gekonnt, dass jeder, der die KTM 1290 Super Duke R einmal fährt, dem potenten Motor verfällt – von Lastwechseln keine Spur. Die Eckdaten dieses Treibsatzes muss man sich mal wieder auf der Zunge zergehen lassen. Um 4000/min drückt die KTM bereits gewaltige 117 Nm. Das sind bei dieser Drehzahl über 20 Nm mehr als bei der Suzuki GSX-S 1000 und der BMW S 1000 R. Außerdem ist das die Höchstmarke, die die ebenfalls bärenstarke Bayerin bei 9200/min abliefert. Die Suzuki bietet als Maximum gegen die KTM ebenfalls überschaubare 111 Nm bei 9400/min. 

  KTM 1290 Super Duke R im Top-Test

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Das Drehmoment des Twins gipfelt in einem Topwert von 142 Nm bei 8100/min und wird dort von der PS-Leistung nahtlos weitergetragen, die die Super Duke bis in den Begrenzer bei 9900/min ruckfrei anschiebt. Es scheint, als möchte dieser kernige Vorschub einem die Falten aus dem Gesicht ziehen. Und selbst dabei sind der KTM  1290 Super Duke R unangenehme Vibrationen fremd.

Riesiger V-Twin, aber bessere Manieren als das Suzuki-Triebwerk.  

 

Gleiches gilt für die BMW S 1000 R. Deren Charakter entspringt unverkennbar einem Reihenvierzylinder-Rennmotor. Lastwechselfrei, das Gas lässt sich sanft anlegen. Enttäuschend ist eigentlich nur das geringe Drehmoment bei niedriger Drehzahl. Darüber kann auch die kurze Übersetzung nicht hinwegtäuschen. Im Vergleich zur KTM 1290 Super Duke R fehlt einfach der Antritt (wie deutlich im Leistungsdiagramm zu sehen). 

 

 

Somit muss der Fahrer gerade in langsameren Passagen den kleineren Gang bemühen, um mit der KTM 1290 Super Duke R mitzuspielen. Das ist vor allem lästig, wenn man es nicht so kreischend laut mag. Nimmt man auf die Geräuschkulisse dagegen keine Rücksicht und lässt das Gas stehen, ist die BMW S 1000 R wie entfesselt. Munter lassen sich alle 168 PS wunschgemäß und supersportlich abrufen und mittels Schaltautomat, den es als aufpreispflichtiges Zubehör gibt, in effektiven Vortrieb umwandeln.


ABS der BMW S 1000 R regelt im Dynamic-Modus sportlich spät

BMWs Vierzylinder-Reihenmotor liefert 118 kW (161 PS) bei 11.000/min.

Mit der von BMW zur Verfügung gestellten, voll ausgestatteten Version mit allen vier Fahrmodi bleibt kein Wunsch offen. Ein komplexes System, das jedoch leicht um- und einzustellen ist. Geregelt wird von  Fahrwerk über Motor bis hin zu Traktionskontrolle und ABS alles per Knopfdruck. Offenbaren wird sich dieser Elektronik-Wahnsinn gerade in einem Naked Bike aber nur dem, der sich damit ausführlich beschäftigt. Hat man die Funktionen jedoch einmal verstanden, ist es spannend und durchaus effektiv, damit zu spielen. Bevorzugt wird der Modus „Dynamic“. Hier regelt das ABS der BMW S 1000 R sportlich spät, die Traktionskontrolle greift erst nach härterem Beschleunigen ein und leichte Wheelies werden selbst in Schräglage dezent zugelassen. 

 BMW S 1000 R im Fahrbericht

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Das semi-aktive Fahrwerk DDC haben wir in diesem Modus auf „soft“ gestellt, um den nicht allzu ebenen, meist sogar recht holprigen Landstraßen gerecht zu werden. Bei der Frage nach der „Beladung“ haben wir uns im Cockpit der BMW S 1000 R für ein einzelnes Helmsymbol entschieden. So eingestellt, ankern die aggressiven ­Brembo-Stopper vorne nun deutlich effektiver, denn die Gabel verhärtet nicht gleich und nutzt mehr Federweg beim Eintauchen. Dabei schießt das ABS nicht gleich in den Regelbereich.

Einfache Ausstattung hat auch seine Vorteile

Spätestens jetzt wird klar, was für ein Niveau die Naked Bikes technisch bereits bieten. Das der BMW S 1000 R ist hier immens. Und trotzdem nicht über alle Zweifel erhaben. In unseren harten Tests verhält es sich wie in eurer Realität auf den Straßen: Die Bedingungen ändern sich oft schlagartig. War gerade in einer langen, schnellen Kurve noch ein hartes Setup und Spurstabilität das Beste, lauert im nächsten Eck eine fiese Kante. Zack! Schon trampelt das Federbein. Etwas mehr Flex im Rahmen wäre da vielleicht hilfreich. Mit der Elektronik kann man zwar viel einstellen, Mischen während der Fahrt ist aber leider nicht möglich.

Hier zeigt sich einmal mehr, dass Einfachheit in Form der Suzuki GSX-S 1000 manchmal mehr sein kann. Das Fahrwerk scheint zwar in die Jahre gekommen und wenig innovativ. Das Federbein kann nur in Federvorspannung und Zugstufe eingestellt werden – eine justierbare Druckstufe fehlt. Und anfänglich schob die Suzuki in Kurven nach außen – klassisches Untersteuern. 

Auch BMWs Rennmotor reagiert lastwechselfrei.  

Nachdem wir uns das Federbein intensiver zur Brust nahmen, fuhr die Suzuki GSX-S 1000 dann aber wie verwandelt. Der Trick: die Federvorspannung auf die zweithöchste Stufe stellen und das Heck damit anheben. Selbst auf dieser Stufe bleibt immer noch genügend Negativ-Federweg. Nun prescht die Suzi deutlich williger um die Ecken. Dann haben wir die Zugstufe nur eine halbe Umdrehung aufgedreht (komplettes ­Setup siehe Daten). Endlich klappen auch gezielte Angriffe auf die KTM 1290 Super Duke R und die BMW S 1000 R. Die Suzuki kann zwar nicht alle harten Kanten wegdämpfen, aber der simple Trick bringt schön Ruhe in die Linie.
 Dunlop entwickelte speziell für die GSX-S 1000 den Sportmax D214 mit der Sonderkennung M. Der Reifen zeichnet sich einerseits durch hohe Grip-Reserven in rutschigeren Kurven aus. Andererseits durch ein neutrales Bremsverhalten, welches selbst hartes Bremsen in hoher Schräglage erstaunlich entspannt möglich macht.

Einfachheit auch bei der Suzuki-Traktionskontrolle. Über Tasten am Lenker kann bei geschlossener Drosselklappe – auch während der Fahrt – zwischen drei Möglichkeiten ausgewählt werden. Alle drei bügeln Wheelies zuverlässig weg – für Fans von Einrad-Einlagen damit natürlich eine extrem konservative Auffassung eines Power-Nakeds. Bringt man die Suzuki GSX-S 1000 im Vollverschleißmodus beider Reifen in Stufe eins aber zum Regeln, fährt man bereits sehr ambitioniert sportlich. Stufe zwei regelt da merklich früher, lässt aber durchaus noch eine routiniert angriffslustige Fahrweise durchgehen. „Drei“ bedeutet dann Netz und doppelter Boden, da kann eigentlich überhaupt nichts mehr schiefgehen. Wer wheelen und burnen will, schaltet die Elektronik also einfach ab. Generell agiert die Suzuki in den ersten beiden Regelstufen auf normalen Straßen sehr unauffällig und kämpft damit auf einer Ebene mit der BMW S 1000 R und der KTM 1290 Super Duke R – auch wenn die Mitbewerber dafür einen wesentlich höheren technischen Aufwand betreiben. Den Ernstfall entlang eines Highsiders auf der Landstraße wollten wir – sicher verständlich – nicht provozieren.


Leider fehlt der Suzuki GSX-S 1000 eine Anti-Hopping-Kupplung

Die nicht allzu sportlichen Bremsen der Suzuki GSX-S 1000 passen eigentlich zum Gesamtkonzept des Bikes. Die Brembo-Zangen beißen zwar nicht so kräftig zu wie die von der BMW S 1000 R und der KTM 1290 Super Duke R, vermitteln aber dennoch Sicherheit. Das neue Bosch-ABS regelt spät und ohne Neigung zum Überschlag. Abschalten lässt sich der Blockierverhinderer leider nicht. Das Getriebe der Suzuki arbeitet unauffällig. Es lässt sich exakt und leicht schalten. Die Übersetzung ist –ähnlich wie bei der BMW – kurz gewählt. Leider fehlt der Suzuki eine Anti-Hopping-Kupplung.

BMW und KTM hingegen gönnten ihren Power-Bikes dieses nützliche und spaßbringende Feature. Denn damit stempelt das Hinterrad selbst dann nicht, wenn im Eifer des Gefechts beim Zurückschalten ein zu niedriger Gang gewählt wurde. Obendrein lassen sich dank Anti-Hopping-Funktion im Drift schöne Striche zeichnen. Nervig ist an der Österreicherin hingegen das Abstellen des ABS oder der Antischlupfregelung. Wer mit der KTM 1290 Super Duke R richtig spielen will, muss zumindest Letztere deaktivieren und zusätzlich das ABS auf „Supermoto“ einstellen. Dazu muss der Motor laufen und beide Räder müssen stillstehen. Speichern lässt sich diese Einstellung leider auch nicht. Das haben die BMW-Mannen besser gelöst, da geht das Um- und Ausschalten einfacher. Unschlagbar und für Geübte ist der BMW-Modus „Dynamic pro“. Denn hier ist nur das Hinterrad-ABS deaktiviert und Drifts sowie Wheelies sind möglich. 


GSX-S kann auf ihre Weise überzeugen

Die Fahrpräzision von der BMW S 1000 R und der KTM 1290 Super Duke R sind auf nahezu gleichem, extrem hohem Niveau. Beide verfolgen die vom Reiter gewählten Linien anstandslos. Ob im „Hanging-off“ oder klassisch über das Hineindrücken in die Kurve – das macht irrsinnig Spaß. Bei der Art der Fahrwerksjustierung geht man hingegen völlig unterschiedliche Wege. Stellt man bei der BMW alles per Tastendruck am Lenker ein, muss man bei der KTM einiges an Werkzeug bemühen. Dafür finden wir, dass das WP-Fahrwerk im Gesamteindruck eine Winzigkeit besser im Ansprechverhalten ist als das elektronische Pendant der Bayerin.

Einzig hartes Beschleunigen lässt das Heck der KTM 1290 Super Duke R etwas rühren. Öffnet man in voller Schräglage schlagartig die Brause, greift die Traktionskontrolle zuverlässig ein. Die mittels Ride-by-Wire angeforderten 142 Nm Drehmoment werden geregelt an Pneu und Straße weitergegeben. Die gewaltige Bewegung entsteht aber zwischen ­Sitzbank und Schwinge.


Alle drei Bikes sind verdammt gut unterwegs

In der Beschleunigung (0 –100 km/h) ergibt sich folgendes Bild: BMW S 1000 R: 3,3 s KTM 1290 Super Duke R: 3,3 s Suzuki GSX-S 1000: 3,0 s

Die Suzuki GSX-S 1000 macht viel Spaß, leidet aber hier und da an den Schwächen eines komplett neuen Bikes, das noch nachreifen darf. Mehr ­Power in der Mitte wäre wünschenswert, gepaart mit einer sanfteren Gasannahme. Und schon wäre die Suzi noch besser bei der Musik

Die Spitzenleistung passt für den Verwendungszweck doch bestens. Dazu aggressivere Stopper, schon würde sie ganz hübsch mehr Punkte sammeln. Stärken liegen in ihrer Sparsamkeit. Die GSX-S verbrennt im Schnitt deutlich weniger Treibstoff auf 100 Kilometer als ihre Konkurrentinnen – trotz höherer Drehzahlen! Und ihre Einfachheit spricht durchaus auch für sie, wie etwa beim Fahrwerk. Es funktioniert und drückt gleichzeitig den Preis. Die Suzuki GSX-S 1000 ist bis zu 3600 Euro günstiger als die KTM 1290 Super Duke R und die ­getestete BMW S 1000 R.


 

Quelle: motorradonline.de